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Bericht über die Chorreise 2005 nach Longwy

Nagold. Schon am Himmelfahrtstag, also wesentlich früher als gewöhnlich begab sich die Evangelische Kantorei Nagold auf die alljährliche Chorreise. Ziel war diesmal unsere Partnerstadt Longwy in Frankreich Schon unterwegs wurde die Gelegenheit wahrgenommen, Metz, der Hauptstadt Lothringens, einen Besuch abzustatten. Strahlend erklangen Kyrie und Gloria aus Dvoráks Messe in D neben Werken von J. S. Bach, Bruckner, Mendelssohn und anderen in der lichtdurchfluteten gewaltigen Stefanskathedrale mit den berühmten Glasfenstern aus allen Jahrhunderten - u.a. auch von Marc Chagall. Nach sachkundiger Dom- und Stadtführung wurde Longwy angesteuert.
Am nächsten Tag stand Nancy, die Residenzstadt des legendären Herzogs Stanislaus Lesczynski, auf dem Programm. Jener, Schwiegervater Ludwigs XV., war ein lebensfroher Genießer, der sich als wahrer Wohltäter der Stadt und Lothringens erwies. Aus seiner Zeit stammt neben dem barocken Regierungspalast auch die beeindruckende und eben erst nach umfangreicher Renovierung wieder eingeweihte Place Stanislas. Nancy, auch die Stadt des Jugendstils, bot uns neben ihren herrlichen Palästen, Plätzen und Fußgängerzonen noch weitere Höhepunkte, etwa bei Batt Chocolats, wo fasziniert die handwerkliche Fertigung von Schokoladen-, Makronen- und Bergamotte-Köstlichkeiten bestaunt wurde. Die angebotenen Kostproben waren so überzeugend, dass anschließend ein wahrer Ansturm auf die vielerlei Köstlichkeiten stattfand. Ein treffliches Mahl im Logis des France Remotel in Knutange rundete den erlebnisreichen und gelungenen Tag ab.
Samstag, der 7. Mai brachte weitere Höhepunkte dieser Reise. Nach dem Besuch der Abbaye d'Orval, einem Trappisten-Zisterzienserkloster in Belgien und der gotischen Wallfahrtskirche in Avioth gab die Stadt Longwy einen Empfang im Rathaus. Die Kantorei und Oberbürgermeister Dr. Rainer Prewo, der anlässlich eines Partnerschaftsbesuchs zum achten Mai in Longwy weilte, wurden von Bürgermeister Jean-Paul Durieux und zahlreichen Honoratioren der Stadt herzlich begrüßt. Das sich anschließende Chor- und Orgelkonzert in St. Dagobert geriet zu einem echten Höhepunkt. Dvorák, Fauré, Bruckner, Duruflé, Cornelius, Mendelssohn und Bach veranlassten die in großer Zahl erschienenen Zuhörer zu wahren Beifallsstürmen. Der starke Eindruck des Konzerts wurde durch Orgelwerke von César Franck und Felix Mendelssohn-Bartholdy, von Kantor Stefan Skobowsky und Christoph Kuppler meisterlich interpretiert, nachhaltig unterstrichen. Nach der fälligen Zugabe mundete das reichlich späte Abendessen um so trefflicher.
Nach dem beeindruckenden Messgottesdienst am Sonntag in St. Dagobert, der vom örtlichen Kirchenchor und der Kantorei mitgestaltet wurde, war es schon wieder Zeit, an den Abschied zu denken. Beim gemeinsamen Mittagessen mit den französischen Freunden in der Mensa der Techn. Universität ging es dann entspannt und locker zu. Der Abschied war freundschaftlich und herzlich. Ein kleiner Wermutstropfen bei dieser von Hans Joß und Judy Bruckner hervorragend organisierten und rundherum wohlgelungenen Chorreise waren die nicht sehr erbaulichen Wetterverhältnisse. Die Sonne zeigte sich zaghaft erst wieder bei der Heimfahrt. Dem guten Geist des Chores und der guten Laune tat das Wetter jedoch keinen Abbruch.

Wolfgang Fezer

... und für die Insider noch die persönlichen Eindrücke von K.-H. Becker

Da schweben wir ja schon unter Markus´ Fittichen nach Westen, der einladenden Bergkette des Pfälzer Waldes entgegen, dessen Hänge der Frühling jetzt liebevoll mit den Farben dieser herrlichen Jahreszeit dekoriert hat. Die Trikolore des Lenzes weht uns lebensbejahend entgegen: Rosa, weiß und gelb. Rosa leuchten die Mandelbäume, weiß die Birnen und gelb die Goldglöckchen. -. Durch einen Tunnel gelangen wir in das geheimnisvolle Innere des Waldgebietes. Auf steilem Fels erhebt sich die Reichsburg Trifels. Hier war Richard Löwenherz von England gefangen, hier wurden die Reichskleinodien sicher bewahrt ! - In großem Bogen zieht sich die Straße in engem Tal um diesen historischen Ort herum. Ehrfürchtig fast ! - Schon wieder kommen wir an einen geschichtsträchtigen Platz. Rinnthal. Wer scharf aufpasst, kann für Sekunden die Gedenktafel an der B 10 erspähen, wo der Schlacht zwischen preußischen Truppen und badischen Aufständischen gedacht wird. - Hier, im Westen des Reichs, geht es geruhsam zu. Wir haben Zeit, die schöne aber arme Gegend zu betrachten. Aus den Wäldern erheben sich Sandsteintürme, die wie Wächter die Umgebung abzutasten scheinen. Ursprünglich waren sie rot, aber der Kontakt mit Wasser und Luft hat ihnen Oxidationsfarben aufgelegt. Dort aber, wo der Bau der neuen B10 tiefe Wunden in die Erde geschlagen hat, strahlt der Boden der Pfalz in fantastischen Farben, von denen der Bryce Canon in Amerika durchaus noch lernen könnte. - Bis jetzt sind wir seit Landau dem Tal der Queich gefolgt, haben die Weinstraße passiert, die Haardt durchquert und uns der immer düsterer werdenden Enge angepasst. Aber jetzt sind wir über den Pass und folgen dem sich stetig weiter öffnenden Tal der Rodalb. Da strahlt schon das Residenzschloss von Zweibrücken, und bald winken uns die Türme der wunderschönen Stadt Saarbrücken zu. -
Siebzig Eimer Kraftstoff hatten wir bei der Abfahrt in den Tanks. Mancher Eimer Diesel ist nun schon verbraucht, als wir über die Autoroute nach Metz preschen. ( Fahrn wir Autoroute, ruht Ruth ! ) Der nicht mehr ganz junge Selbstzünder des MAN*-Busses aber hat sich so richtig warm gelaufen, und in seinem sonoren Arbeitston ( so klingt der Westbass nach einem Viertele ! ) hört der Kenner, dass er die schöne alte französische Melodie des Liedes EN PASSANT PAR LA LORRAINE singt: En passant par la Lorraine avec mes sabots, rencontrai trois capitaines avec mes sabots dondaine, avec mes sabots. -
Merke: Diesel sind frankophil. Madame Hardi summt es bereits mit, und da tauchen die Zinnen von Metz auf. Wir haben unser Etappenziel erreicht. - In kleinen Gruppen nehmen wir die Stadt in Besitz. Das Wetter ist n o c h knipsfreundlich, aber die Luft ist deutlich arktischen Ursprungs, und wir winden die Schals fester. Nicht dass es uns die Laune verdürbe ! Die meisten von uns gehören ja der Bruderschaft der Chofagés ** an, die man nicht mit dem französischen chauffage *** verwechseln darf, nach der wir uns allerdings oftmals sehnen !! - In gewiefter Routine hat das PKK ( Podest-Kommando der Kantorei, frz. ÉPIP = Équipe pour Installation des Paliers ) dem Chor den Standort geebnet, und als wir unseren Platz einnehmen, da scheint tatsächlich die Sonne und lässt die wunderbare Rosette in schier überirdischer Schönheit erstrahlen. St. Etienne umhüllt und schützt uns, und St. Etienne und St. Christoph dirigieren und orgeln, und es wird ein Konzert, das nach den Strapazen der Anreise nicht besser hätte sein können. Die Kantoren machen uns ein erstes Geschenk, als sie den himmlisch schönen Nachhall des Stefansdomes bei den langsamen Stücken fermatiös ausnutzen, und vor uns flüstert Elvira der Dorothee zu : Das haut doch den stärksten Eskimo vom Schlitten ! - Die ansehnliche Zuhörerschaft spendet herzlichen Beifall, viele applaudieren stehend und geben uns einen ersten Vorgeschmack auf die Welle der Gastfreundschaft, die uns in Lothringen inmitten von Wellen polarer Meeresluft wärmen und verwöhnen wird. - UND DANN KOMMT MARIE - LAURENCE BOUTON. Mit ihrem vorwitzigen Sprungschanzennäschen, den sprechenden Händen und Fingern und hellwachen Augen weiht sie uns in die baulichen Bedeutsamkeiten des Domes und der Stadt ein. Die Liebenswürdigkeit dieses zierlichen Persönchens lässt sogar den neoromanischen Ernst des riesigen in deutscher Zeit gebauten Bahnhofes in - frei nach Heinrich Heine - "französisch heitrem Tageslicht" erstrahlen. Bass und Tenor, Alt - und selbst der etwas wählerische Sopran - schließen Marie-Laurence sofort in ihr Sängerherz ein und werden sie und die schöne Stadt Metz in allerbester Erinnerung behalten. - Und schon sind wir wieder en passant par la Lorraine auf dem Weg nach Longwy. Am Wegesrand leuchtet das Hotel Mercure. Die Leiwifrei Judy **** schließt das Programm des Senders TFT ***** und entlässt uns in die Abenteuerlichkeit eines lothringischen Hotelabends. - Schnell sind die Koffer geleert, das Gepäck verstaut, und schon weihen wir den Anbau des MERCURE als erste Gäste ein. - Wir tafeln, dass die Heide wackelt. Hilde probiert den edlen Roten und nickt Uschi begeistert zu: Mon cher cigne, der kann sich sehen lassen!
Die Augen der Frauen leuchten blau, rehbraun und türkis. ( Wer weiß, welche Sängerin jadegrüne Augen hat? Postkarte an Judy genügt. Preis winkt !! ) Der ehrliche Wein aus Narbonne färbt Lippen und Wangen rot, die von Lothringen arrangierte R(h)apsodie schickt ihr flammendes Gelb durch die großen Fenster des Speisesaales, und so wird es doch noch ein echter Bunter Abend! - Durch die Wände zum Nachbarzimmer höre ich noch kurz vor dem Einschlafen diese schon vom Schlummer umgarnten Worte: Wir kamen SANS SOUCIS À LONGWY, denn Markus war unser ANGE GARDIEN ! Gut gesprochen, liebe Sangesschwester ! - Fröhliche Wortkaskaden weisen den Weg zum Frühstück. Immer wieder ertönt aus dem deutschen Wortgetümmel der Ruf MON CHER CIGNE ! Jawohl, mit Recht wird der hervorragende französisch schwarze Kaffee gelobt, das Müsli ist über die Maßen gut, und der Quark kann seinesgleichen suchen von Immersatt (1) bis Cognac (2). Ganz zu schweigen von den Croissants und Brioches. Wieder einmal bewahrheitet sich der Spruch von Peter Bamm: An den Frühstückstisch treten heißt ein neues Leben beginnen. - Das neue Leben beginnt mit Startschwierigkeiten. Der Bus will nicht. Aber so gegen 12 Uhr haben wir bereits ein Rendez-vous mit unserer schönen alten Freundin, der jungen Mademoiselle Moselle, die uns ohne Umschweife an Diedenhofen und Metz vorbei nach Nancy führt.
Und wieder schwärmen wir aus und nehmen den Place Stanislas, der in diesem Jahr 250 Jahre alt wird und zum Weltkulturerbe gehört, und große Teile der Stadt in Besitz. An den Theken Nancys bilden sich überall kleine Gruppen Nagolder Sänger. Unsere wird von Hans-Jürgen zielsicher und pünktlich zur Patisserie des Monsieur Alain Batt geführt, wo wir, Not macht sensibel, sofort wieder eine Schlange an der werkseigenen Toilette bilden. - Wie in einem Hörsaal gestaffelt sitzen wir und können nun genauestens verfolgen, was der Maître in seinem Laboratorium (laboratoire) zeigt. Zunächst stellt er eine Spezialität aus Nancy her, die Makronen, für deren Herstellung auch die SOEURS MACRONS verantwortlich sind. Nun führt er uns in die Herstellung der Schokolade ein, verarbeitet diesen Grundstoff und lässt unter seinen geschickten und sachkundigen Händen Meisterwerke aller Art entstehen. Er spricht dabei laut und gut gelaunt, und Monsieur Ulm, der in Calw aufgewachsen ist und dann zwölf Jahre lang beim Verkehrsamt in Freiburg gearbeitet hat, übersetzt seine Rede fröhlich und wortgewandt, so dass es uns niemals langweilig wird. Natürlich müssen wir von allen Erzeugnissen aus Meisterhand probieren, und man kann bei soviel Entgegenkommen und Freundlichkeit schlecht nein sagen. Es schmeckt alles ausgezeichnet und ist so süüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüß.
Ganz klar, dass wir uns anschließend im Laden des Laboratoriums umsehen und schwer beladen mit Köstlichkeiten aller Art zur Stadtführung aufbrechen. - Während wir auf die sich langsam abbauende "Kloster"schlange warten, amüsiere ich mich über die unterschiedlichen Bedeutungen der in beiden Sprachen benutzten Wörter. Ein Laboratorium hat in Deutschland eine ganz andere Bedeutung. Hingegen nennen die französischen Eisenbahnen ihre Betriebswerke, in denen tonnenschwere Kolosse mit viel Lärm repariert werden, Atelier!! -
Abmarsch in die Stadt. Wir tragen unsere Regenschirme wie John Wayne seine Winchester, denn der Himmel verspricht nichts Gutes. Monsieur Ulm teilt die MAN in zwei Abteilungen auf. Die linke Busseite geht mit Marie-Hélène, und wir wandern nun mit Herrn Ulm über den Stanislas-Platz, durch die Altstadt von Nancy und die wunderbaren Parkanlagen der Pépinière . Kaum aber haben wir den goldenen Platz verlassen, da bricht es über uns herein wie die Sintflut. Glücklicherweise finden wir die Marquise eines Geschäftes, die uns im Verein mir unseren aufgespannten Schirmen vor dem Schlimmsten bewahrt. Marie-Hélène flüchtet mit ihrer Schar unter eine Art Triumphbogen, durch den alsbald ein reißender Bach fließt. Aber schon scheint wieder die Sonne, und im Parc de la Pépinière atmen wir beglückt die durch Pflanzenduft gewürzte frische Meeresluft ein. -

Im MAN-Bus sitzen jetzt die MAN und dampfen, denn die feuchten Kleider und Schuhe geben ihre Nässe an die Luft zurück. Es ist die große Zeit der Klimaanlage, und sie braucht die gesamte Fahrzeit bis zum Remotel in Knutange bei Thionville, um die Regenreste zu entsorgen. Das Gasthaus in Knutange ist eine gemütliche und gepflegte alte Wirtschaft, wo wir uns sehr wohl fühlen und den aufregenden Tag ausklingen lassen. Elisabeth schenkt mir wieder ein und zitiert einen Spruch aus der Literatur: Es wohnt ein guter Geist im Wein, drum hör´ nicht auf, schenk wieder ein (Mansfeld). Schon in der warmen Koje im Mercure, summt mancher Sänger noch kurz vor dem Abtauchen in die Traumwelt: Dans le vent de France il fait bon chanter.
Es ist Samstag, der 7. Mai. Heute kommt Marie Christine an Bord. Madame Fagnot ist unsere Führerin auf dem Weg zur Abbaye d´ Orval und zur Wallfahrtskirche von Avioth. Mehrmals kreuzen wir heute die Grenzen zwischen Frankreich und Belgien. Eine eigenartige Landschaft zieht an unseren Fenstern vorbei. Manchmal sehen wir sanfthügeliges Weideland, manchmal aber kurven wir auch durch laubbaumbewachsenes kurzkuppiges Hügelgebiet, das an den Apennin oder die Toskana erinnert. Aber das belgische Wetter bringt uns auf den Boden der Realität zurück: Das ist westeuropäisches Meeresklima!! Sans doute !! - Ich höre, wie Ines Brigitte ein Wort von Jean-Paul II vorliest. Weil es schön ist, merke ich es mir: En Dieu tout est toujours nouveau, car Dieu est éternelle jeunesse. - In der Abbaye d´ Orval sehen wir zunächst einen sehr gut gemachten Film über das Kloster, und dann übernimmt MONA die Führung der MAN. Mona ist in Prag geboren und spricht ein Deutsch, da würden die Sachsen sagen: Da zieht´s dir fast die Beene weg! Ein Beispiel: Wenn Sie die Nase herum reichen, dann können Sie rauchen, weil heute Bier gekocht wird! - Wir freuen uns über ihre sympathische Art, und es ist immerhin alles gut verständlich. Interessant ist auch der Gang durch den Heilkräutergarten, der im zweisprachigen Belgien natürlich auch flämisch beschriftet ist. Das Flämisch ist dem Niederdeutschen so eng verwandt, dass ich mich mit Flamen verständigen kann. Wir finden im Heilkräutergarten das Duizendblat (Tausendblatt ), das ist der flämische Name für die Schafgarbe, dann den Bijvoet ( Beifuß ) und das Vingerhoetkruid, den Fingerhut. Dies ist ein wirklich gut gepflegter und eben auch sprachlich spannender Kräutergarten. Mona berichtet von dem guten Wasser des Klosters, mit dem sie das Bier "kochen", von den Verwüstungen und Zerstörungen, denen das Kloster durch die Revolution ausgesetzt war, und rühmt den bekannten Käse von Orval. - Voller vieler neuer Eindrücke legen wir den kurzen Weg bis zu unserem Schutzengel, der Wirtschaft "L´ange gardien", mit dem gleichen besorgten Blick zurück, den wir uns 1945 alle angewöhnt hatten, als wir auf die Flucht gingen. Damals galt er den Tieffliegern, heute den tief fliegenden blauschwarzen Wolken. Und richtig!! Kaum sind wir unter Dach und Fach, da öffnet der Himmel seine Schleusen und wahre "Stromfluten" stürzen sich in das "goldene Tal". Ein großes Infrarotheizgerät unter dem Zeltdach sorgt für Wärme, und wir rücken zusammen und fühlen uns so wohl, wie es das Lied von der blauen Blume beschreibt: Und glüht unser Feuer an gastlicher Statt, so sind wir geborgen und schmausen uns satt." Ich bestelle eine Schüssel FLORIFLETTE. Das ist ein Gericht mit eingetragenem Warenzeichen, also dem R im Kreis, und wird mit dem Bier von Orval und dem Käse von Orval hergestellt, also ein Gratin mit Pfiff. So sitzen wir nun gemütlich bei hanebüchenem Wetter in der Auberge de l´ange gardien und heben unser Glas auf alle die Sangesgeschwister, die bei dieser Fahrt nicht dabei sein konnten, besonders aber an Hans vom Ostbass, der mit in der Équipe war, die diese Wasserreise erst ermöglicht hat.-
Der erste Wegweiser auf der Heimfahrt belehrt uns, dass die Stadt Bouillon nur 44 km entfernt ist. ( Wussten Sie, dass Gottfried von Bouillon lebte ? )
Das Mercure zu Longwy hat ein Abendessen vorbereitet, dass sich die Tische biegen. Der Wirt spart nicht mit dem edlen Roten von Narbonne, die Stimmung steigt, und erst am frühen Morgen hauen wir uns aufs Ohr und schlafen so gut und fest, dass ein Auge das andere nicht sieht. - Dröhnende Paukenschläge werfen uns aus den Federn. Ach ja, heute ist der achte Mai. Das offizielle Frankreich spricht von armistice, von Waffenstillstand. Und so war es ja auch. Die Wehrmacht hat kapituliert, nicht das Reich ! - Letztmals genießen wir in vollen Zügen den kohlpechschwarzen wohlschmeckenden französischen Kaffee und unterhalten uns über die herrliche Architektur der Basilique NOTRE DAME D´AVIOTH in der Nähe von Orval. Vor Ort hatten wir nicht sprechen können, denn das Klappern unserer Zähne gestattete keine Diskussion. Selbst die Spatzen von Avioth duckten sich ängstlich in ihren Nestern, die sie zwischen den Statuen der Westwand in bekannt nachlässiger Art zusammengekloppt hatten, wenn der steife Nordwest wieder einmal seine Reiter mit Karacho nach Osten jagen ließ. -
Und natürlich war unser Konzert vom Vorabend in aller Munde. Es begann schon so festlich in der Halle des Rathauses von Longwy mit dem Empfang durch die Stadt. Die Reden der Bürgermeister, die kalten Platten, die liebenswürdige Bedienung!! - Diese gepflegte Eleganz!! Kann man sich schönere Frauen vorstellen als unseren Alt und Sopran in den festlichen Kleidern ? Schwerlich. Da hatte Monsieur le chantre seine liebe Mühe, dass die Männer auch immer aufmerksam dem Dirigat folgten. - Der Bürgermeister hatte es schon versprochen: Wir werden heute alle bei Ihrem Konzert sein. - Und so war es. Selbst Serge von MUSICA VIVA war dabei. Das Publikum strahlte eine Herzlichkeit aus, eine Fröhlichkeit, die sich, wir sind ja nicht aus Stein, wie die süßesten Pralinen von Alain Batt um unsere Seelen und Herzen wickelte. So lange die Musik solche herzlichen Bande knüpfen kann, ist mir, wenigstens um unsere beiden Völker, nicht bang. Keinem unserer Buben darf jemals wieder geschehen, was das alte Soldatenlied beschreibt: Zwei Brüder und zwei Herzen begrüßten Tau und Tag, bis abends purpurfarben bei Longwy in den Garben die Fahne "Amen" sprach. - Wir sangen in St. Dagobert so ausdrucksstark, als wenn wir um die wichtige Mission der Musik wüssten. Die D-Dur-Messe von Dvorák gelang uns ohne Haken, bei der Cantique de Racine von Fauré hat wohl jeder Zuhörer den Text verstanden, und bei der letzten Strophe wird manchem - genau wie uns - ein Schauer über den Rücken gegangen sein: O Christus, sei diesem treuen Volk gewogen, das nun zu Deinem Lobe versammelt ist; nimm die Lieder an, die es zu Deinem unsterblichen Ruhm darbringt; und möge es zurückkehren, erfüllt von Deinen Gaben. - Auch bei Bruckners ( er ist n i c h t mit Judy verwandt ! ) Locus iste hätte man eine Stecknadel zu Boden fallen hören können. Kein Wunder bei diesem Text: Diese Stätte ist von Gott gemacht, ein unergründliches Geheimnis, kein Makel ist an ihr. - Doch dann gelingt uns mit Hilfe der liebevollen französischen Gemeinde der Befreiungsschlag, und mit der Stimmgewalt Wagnerscher Fanfaren rufen wir JAUCHZET DEM HERRN ALLE WELT, dass die frisch gewaschene Fassade St. Dagoberts , die die gleichen Kampfspuren aufweist wie die Nagolder Stadtkirche, vor Freude zittert und bebt, und wir beschließen das denkwürdige Konzert - die Freunde aus Longwy erbitten eine Zugabe - mit der tröstenden Gewissheit ............denn der Herr ist freundlich. -
Noch eine Tasse gut mundenden französischen Kaffees, und auf geht es zu St. Dagobert. Wir jubeln das WORTKLÄNGE - Hallelujah, genießen noch einmal die Gemeinschaft mit den Freunden aus der Lorraine und nehmen dann herzlichen Abschied mit dem Versprechen: À bientôt à Nagold!! - Die Mensa der Hochschule hat für uns ein reichhaltiges Abschiedsmahl bereitet, das wir zusammen mit den Vertretern der Stadt Longwy einnehmen, und unsere Herzen schlagen im Takt dieses Rundgesanges: Pour ce repas, pour toute joie nous te louons, Seigneur ! ( Für diese Mahlzeit, für alle Freude danken wir dir, Herr !! ) - Der MBB (3) fegt nach Osten. Wir verlassen den roten Stein der Schwarzwaldschwester Vogesen, preschen durch die Saverner Senke, umrunden Straßburg, keuchen den Schwarzwald hinauf, hauen uns alsbald in die heimatlichen Betten, und mancher murmelt noch, schon fast im Schlaf: Vive l´amitié franco-allemande. - Merci, o Vorbereitungséquipe, merci, o Monsieur le chantre, es war eine wunderschöne Fahrt. Adieu sagt euer aFuCuSte

* = Musiker aus Nagold
** =Chorfahrtgestählte Sänger
*** =Heizung
**** =Leiterin des Referats Winke für Reisende
***** =Tipps für Touris
(1) =Ort bei Nimmersatt
(2) =Ort in Südfrankreich
(3) =Markus-Behr-Bus

Bilder von der Chorreise 2005

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